Meeting mit John, gemischte Classes, endlich Deutsche & ein "Ausflug" nach Aburi

Hallo Ihr Lieben!

 

Lang ist’s her… Da merkt man erst einmal wie abhängig wir in der heutigen Zeit vom Internet geworden sind. Wir hatten jetzt fast eine Woche lang kein Internet und es ist schon komisch nicht mal eben etwas googlen zu können oder schnell eine Email zu schicken. Leider ist auch das neue Internet noch nicht installiert, deshalb nur ein kurzes Lebenszeichen von mir, damit Ihr alle beruhigt seid und auf dem Laufenden gehalten werdet.

 

Nachdem wir John, unseren neuen externen Mentor, eigentlich schon am vergangenen Samstag und Dienstag treffen wollten und er es beide Male nicht geschafft hat, kommt er endlich am Freitagabend vorbei und wir sitzen alle zusammen gemütlich draußen in der Summerhut. John erzählt uns dann ein bisschen was über sich und fragt uns warum wir einen Freiwilligendienst machen und generell lernen wir uns einfach ein bisschen näher kennen. Für meinen Teil kann ich sagen, dass mir John durchaus sympathisch ist, allerdings finde ich es etwas schade, dass man sich nicht wirklich auf ihn verlassen kann. Sollte einer von uns wirklich mal ein ernstes Problem haben, wäre es natürlich schon gut, wenn man wüsste, dass John auf jeden Fall für uns da ist. Generell bezweifle ich das auch nicht, aber alleine die Tatsache, dass er sich nicht meldet und Bescheid gibt, dass er später oder gar nicht mehr kommt, ist für uns als Deutsche schon etwas merkwürdig oder befremdlich. Außerdem hat er uns auch direkt vorgewarnt, dass er sehr „busy“ ist und manchmal auch Termine dazwischen kommen und er sich dann – so wie am Freitag – um fast 2 Stunden verspätet und sich nicht genau an Absprachen halten kann, das ist natürlich für uns eine blöde Situation.

Im Allgemeinen konnten wir diese Woche öfters die Beobachtung machen, dass sich in Ghana nicht so genau an Absprachen gehalten wird und das man hier einfach nicht Bescheid gibt, wenn man sich verspätet oder es nicht mehr schafft. In Deutschland würde man dieses Verhalten wohl als grob unhöflich bezeichnen, aber hier ist das einfach normal. Denn es war nicht nur John, der dieses Verhalten an den Tag gelegt hat, sondern auch die Leute, die unser neues Internet installieren sollten. Zunächst hieß es, dass sie am Dienstag kommen, dann wollten sie Mittwoch kommen und dann Freitag und jedes Mal ist niemand aufgetaucht. Sogar nach mehreren Telefonaten und Versprechen, dass noch an diesem Tag jemand vorbeikommen würde ist nichts passiert, alles sehr befremdlich für uns Deutsche, die an Pünktlichkeit, Genauigkeit und Absprachen einzuhalten gewöhnt sind. Auch wenn man hier jemanden um Rückruf bittet, interessiert das eigentlich niemanden und wird einfach nicht gemacht – that’s Ghana.

 

Ansonsten haben wir diese Woche zum ersten Mal die Classes gemischt, also die New Boys in die Girls Classes aufgeteilt und mitmachen lassen. Bei den Kleineren, die Lukas diese Woche begleitet hat und die noch nicht lesen und schreiben können, hat das auch zumindest aus meiner Sicht sehr gut funktioniert. Die Größeren hingegen waren eine echte Herausforderung, v.a. als ich am Donnerstag auf einmal ganz alleine vor einer 7-köpfigen Klasse stand und ihnen das Verb to be und die einzelnen Formen beibringen sollte. Mit Evans klappt das Unterrichten nämlich eigentlich immer ziemlich gut, auch weil er die Dinge in Twi übersetzen kann und die Kinder so einfach besser erreicht, aber ich alleine hatte wirklich große Probleme in dieser Klasse. Das liegt zum einen daran, dass die Leistungsunterschiede zwischen den Kindern sehr groß sind und zum anderen an der eben schon beschriebenen Sprachbarriere. Die meisten der Kinder können nur sehr wenig und schlecht Englisch sprechen und verstehen meine Erklärungen dementsprechend natürlich auch nicht. So ist es kein Wunder, dass sie auch die Aufgaben danach nicht machen können und ich noch dazu jeden Satz an der Tafel fünf mal vorlesen muss, weil die Kinder es selbst einfach nicht lesen und verstehen können. Nun ja, ich war jedenfalls am Donnerstag wirklich kurz vor einem Nervenzusammenbruch, da fast der ganze Staff in einem Meeting war und ich so alleine mit noch einem Ghanaer, der aber offiziell nur ein Praktikum im Center macht und nicht für das Unterrichten verantwortlich ist, die Classes leiten musste. Zwei Kinder in „meiner“ Klasse waren schon sehr früh fertig und so habe ich sie in die Pause geschickt, aber weil noch niemand anderes zum Spielen da war, war das natürlich langweilig und so sind die beiden dann wieder in meiner Klasse rumgesprungen was für die anderen arbeitenden Kinder natürlich total blöd war. Leider konnte ich die Kinder auch nicht davon überzeugen nach draußen spielen zu gehen und als dann auch noch die Kleineren dazukamen war es komplett vorbei. Dennoch haben die meisten aus meiner Klasse ihre Aufgaben zu Ende gemacht, wenn auch mehr oder weniger erfolgreich. Die Aufgabe war nämlich in die Sätze entweder „is, am oder are“ (also die Formen von to be) einzusetzen und es kommen doch tatsächlich Kinder auf die Idee anstatt einer der Formen von to be „oder“ in die Sätze zu schreiben. Daran sieht man einmal mehr, dass die Kinder nichts von dem verstehen was sie lesen und viele deshalb einfach raten und irgendwelche Wörter ohne System in die Sätze einfügen. Nachdem alle fertig waren wäre eigentlich die Pause schon wieder vorbei gewesen, aber Richmond und ich haben uns dann darauf geeinigt die Pause noch etwas zu verlängern, da auch wir beide ziemlich platt waren. Es ist nämlich wirklich nicht einfach ca. 15 mehr oder weniger kleine Kinder in Schach zu halten…

Glücklicherweise kam Lukas dann zu mir und meinte, ich könnte jetzt das Protokoll beim nächsten Meeting schreiben und dafür war ich wirklich tief dankbar. Die Kinder haben mich an diesem Morgen ziemlich geschafft und ich war froh, dass ich sie jetzt Lukas überlassen konnte, der dann anstatt Unterricht mit ihnen gespielt und geredet hat. Für mich hieß es dann ab ins Meeting und Protokoll schreiben. In diesem Meeting ging es um eines der neuen Mädchen. Sie kommt schon seit einigen Monaten regelmäßig zu den Classes, aber bis jetzt hatten wir noch keine Gelegenheit ihre Familie kennenzulernen und ihren familiären Hintergrund. So erfuhren wir dann, dass sie nicht mit ihrer Mutter lebt, sondern mit ihrer Tante. Ihr Vater ist wohl schon vor längerer Zeit an einer Krankheit gestorben und ihre Mutter öfters geschieden und hat mehrere Kinder von verschiedenen Männern. Ich fand es sehr spannend etwas über den Hindergrund des Mädchens zu erfahren und bin froh, dass ich an dem Meeting teilnehmen durfte.

Lukas hatte am Donnerstag gleich drei Meetings mit Eltern der New Boys und bald werden auch schon zwei neue Jungs im Center einziehen und dann den wirklichen Alltag dort kennenlernen, der sicherlich nicht immer ein Zuckerschlecken ist – gerade am Anfang. Jeder Neue muss zunächst seinen Platz in der Rangordnung im Center finden und dabei landen die Neusten und Jüngsten natürlich meist ganz unten.

 

Ein Highlight dieser Woche war, dass wir endlich andere Freiwillige kennengelernt haben. Es sind zwei Mädchen, die aus Bayern kommen und im Moment bei Father Eric nahe der Clementina Church wohnen. Leider sind die beiden aber nur für kurze Zeit hier in Ashaiman, da ihr eigentliches Projekt im Norden Ghanas an der Grenze zu Burkina Faso liegt und sie schon nächsten Samstag dorthin aufbrechen. Trotzdem war es schön mal wieder Deutsche zu treffen und sich mit den beiden austauschen zu können. Das eine Mädchen, Nora, ist ungefähr gleichzeitig mit uns angekommen und hat auch schon im Norden gearbeitet. Sie ist nun seit etwa einem Monat in Ashaiman und hat auf Lena, die andere, gewartet, die erst seit etwa einer Woche in Ghana ist. So haben wir in dieser Woche jeden freien Abend mit den beiden verbracht und entweder im Wohnzimmer oder in der Summerhut bei uns im Garten gesessen und einfach gequatscht. Gerade für mich war es natürlich super auch mal wieder mit Mädels quatschen zu können, nachdem ich fast 10 Wochen nur „meine“ zwei Jungs hier hatte. Umso mehr ist es schade, dass die zwei schon so bald wieder abreisen und wir sie erst jetzt kennengelernt haben. Aber wir haben immer noch die Hoffnung bald die Volontäre von „Don Bosco“ einer anderen Organisation, die auch in Ashaiman arbeitet, kennenzulernen.

 

Samstag, 08.11.2014

 

Das andere Highlight dieser Woche ist ein PTA Meeting (Parent-Teacher-Association), also eine Art Elternsprechtag an dem keine Einzelgespräche geführt werden, sondern es ist für alle Eltern. Für dieses Meeting bin ich am Samstag mit Evans nach Aburi gefahren, welches ca. 1 ½ Stunden entfernt von Ashaiman liegt.

 

Weil Nora und Lena gestern noch sehr lange hier waren, heißt es für mich heute morgen nach knapp 6 Stunden Schlaf und einer sehr kurzen Nacht um 7:30 Uhr aufstehen, damit ich mich um 8:30 Uhr wie verabredet mit Evans am Center treffen kann. So mache ich mich schnell fertig, frühstücke kurz und mache mich um kurz nach 8 Uhr zu Fuß auf den Weg zum Center. Am Center angekommen – natürlich pünktlich um 8:30 Uhr – gucke ich ein paar Jungs noch beim Waschen ihrer Sachen zu und unterhalte mich mit Fussini bis Evans kommt. Dabei erfahre ich, dass heute Nacht Seth, Isaac, Phillip und Ali ins Bett gemacht haben was ich zum einen erstaunlich und zum anderen krass finde. Aber v.a. finde ich es krass, dass Fussini mir das vor allen anderen auf Englisch erzählt. Nun ja, nachdem Evans endlich angekommen ist muss ich erfahren, dass wir leider mit dem Trotro und nicht wie erhofft mit dem Pickup fahren. So sitzen wir dann nach einem kurzen Fußmarsch gegen 9 Uhr in einem Trotro, das uns nach Madina bringt von wo aus wir weiter zum PTA Meeting nach Aburi fahren wollen. Auf dem Weg zum nächsten Trotro kommt ein Mann und redet mit Evans, welcher mir später erklärt, dass der Mann gesagt habe, eines seiner Kinder solle unser – also Evans und mein – Kind später heiraten! Manche Leute halten Evans und mich also anscheinend für ein Paar… In Aburi kommen wir nach einer ungemütlichen Trotro-Fahrt durch eine wunderschöne, leicht bergige Lanschaft um 10:30 Uhr endlich an und müssen nur noch ein kurzes Stück mit dem Taxi zur Senior High School fahren. Die Umgebung dort ist wirklich traumhaft, teilweise fast wie in der Toskana. Auf dem Weg erklärt Evans mir, dass Aburi unter der Woche eine kleine „Village“ ist und dort quasi nichts los ist und dass die Leute erst am Wochenende aus Accra dorthin zurückkommen. In Aburi finden dann nämlich sehr viele Beerdigungen statt, an einem Wochenende bis zu 4 oder 5 wie Evans mir berichtet. Das merkt man auch wirklich sofort, da sehr viele Leute in schwarz gekleidet sind und das Gelände auf dem die Beerdigungsmessen gehalten werden brechend voll ist. An der Schule merkt man davon aber nichts mehr. Hier kommen wir schnell in eine große Halle, die man in Deutschland wohl als Aula bezeichnen könnte und nehmen dann am Meeting teil. Das Meeting hat den Sinn die Eltern der Kinder über die Fortschritte oder generell die Entwicklung der Schule aufzuklären und außerdem die Kosten des letzten Jahres zu besprechen. Leider ist das Meeting für mich eher weniger spannend, da fast die ganze Zeit Twi gesprochen wird und ich kein Wort verstehe. Glücklicherweise übersetzt Evans ab und zu mal für mich worum es gerade geht und so kann ich wenigstens ein bisschen dem Geschehen folgen. Nach einiger Zeit kommt ein kleines Mädchen zu mir und findet den „Obruni“ natürlich total spannend. Sie möchte meine Hände und meine Haare anfassen und die Leute, die um mich herum sitzen, finden das alle total lustig und sagen irgendwas auf Twi. Glücklicherweise endet das Meeting auch schon um 12:45 Uhr und selbst Evans ist überrascht und meint, er sei noch nie in einem so kurzen ghanaischen Meeting gewesen. Naja, gut für mich, denn so fragt er mich, nachdem wir noch kurz mit einem Beneficiary, der an dieser Schule ist, gesprochen habe, ob ich nicht Lust habe noch in den Botanischen Garten von Aburi zu gehen. Da sage ich natürlich nicht nein und so stehen wir schon bald unter riesigen Palmen und anderen tropischen Bäumen. Fotos aus dem Botanischen Garten findet Ihr hier :) Zwei Highlights im Botanischen Garten sind für mich, dass ich zum ersten Mal einen Muskatnussbaum und einen Kakaobaum bzw. eine Kakaobohne in real life gesehen habe. Außerdem essen wir zusammen noch Banku mit Thalapia und Evans erzählt mir Einiges über sich. So erfahre ich z.B., dass er täglich nur 4 bis 5 Stunden Schlaf bekommt, weil er nebenbei noch Bäcker ist. Besonders schön ist das Restaurant in dem wir essen, da es sich quasi anfühlt als würde man im Urwalt essen: Überall sind wir von exotischen Bäumen umzingelt, sitzen in einer kleinen Hütte und um uns herum hört man Geräusche, die in Deutschland nur auf irgendwelchen Entspannungs-CDs zu finden sind. Nach dem leckeren Essen machen wir uns dann gegen 15:50 Uhr zurück auf den Weg zur Trotro-Station und nehmen dieses zurück nach Madina. Leider können wir dort nicht ganz bis zur Station fahren und so heißt es noch ein paar hundert Meter zu Fuß gehen. Im nächsten Trotro habe ich dann das Glück neben einem seeehr schwitzigen Mann zu sitzen, keine wirkliche Freude, aber wir kommen sicher um etwa 17:45 Uhr in Ashaiman an. Evans rät mir noch auf dem Rückweg gut auf meine Tasche aufzupassen und dann trennen sich unsere Wege, da er zurück zum Center muss. Ich kaufe am Mandela-Market noch eine Wassermelone und drei Ananas für 11 Cedi, ein echtes Schnäppchen. Das der Preis trotz meinem Obruni-Dasein so niedrig ist, liegt glaube ich aber auch daran, dass ich die Frau auf Twi angesprochen habe. Darauf stehen die Leute hier total, auch wenn der Akzent und die Aussprache wahrscheinlich grauenvoll sind, freuen sie sich, dass man es wenigstens versucht und sich Mühe mit ihrer Sprache gibt. Mit diesem ordentlichen Obst-Balast mache ich mich dann auf den weiteren Weg zum Volohaus und werde von der Ghanaern sehr oft ziemlich dumm und verdutzt angeguckt und manche fragen mich auch, ob ich sie einladen würde. Vor unserem Tor warten dann mal wieder tausend Kinder, die alle an unsere Nüsse im Garten wollen und als auf mein mehrmaliges Klopfen am Tor niemand reagiert, kann ich mir schon denken, dass die Kinder wohl auch schon den ganzen Tag ans Tor klopfen und die Jungs nicht mit mir rechnen. Ich rufe dann schnell Jan-Niklas an, der auch brav kommt und mir das Tor aufmacht. Dann kommt noch ein Ghanaer dazu, der sich als Maxwell vorstellt und meint, er sei unser Nachbar auf der Rückseite. Er fragt mich, warum ich denn so schwitzige Hände hätte und als ich ihm antworte, dass das vom Wetter kommt und ich die Hitze einfach nicht gewöhnt bin, höre ich zum ersten Mal den Satz von dem Tobias, einer der ehemaligen Freiwilligen, sooft gesprochen hat: „Well, that’s Ghana for you!“

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    gabi, mama von lukas (Sonntag, 09 November 2014 21:24)

    Liebe Alina,
    ich verfolge deinen Blogg genauso regelmäßig, wie den von Lukas und freue mich über die Ergänzung der "Mädels-Perspektive".
    Dankeschön!

  • #2

    alina-in-ghana (Dienstag, 25 November 2014 18:27)

    Vielen lieben Dank! Ich freue mich immer so etwas zu hören! :)

Das bin ich :)
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