"Weeding" (Rasen mähen) am Volohaus, ein Touri-Tag in Accra & begossene Pudel am Ende des Tages

Samstag, 25.10.2014

 

Heute ist „Weeding“, also Rasenmähen, bei uns im Garten angesagt und so stehen die Jungs vom Center schon um 8:15 Uhr bei uns im Garten und wollen voller Energie loslegen. Auch ich will gleich voller Tatendrang loslegen und zum ersten Mal in meinem Leben eine Machete zum Rasen schneiden benutzen. Ich kann Euch aber nach dieser Erfahrung guten Gewissens sagen, dass der Rasenmäher definitiv eine tolle Erfindung ist und ich ihn in jedem Fall der Machete vorziehen würde. Gerade bei einer größeren Rasenfläche hat so ein Rasenmäher schon bedächtliche Vorteile ;) 

Am Anfang sind nur sehr wenige der Beneficiaries da und so geht alles recht langsam los. Aber nach und nach kommen immer mehr Kinder aus dem Center und viele von ihnen bringen auch noch ein paar Freunde mit. So füllt sich unser Garten sehr schnell und wir haben gar nicht genug Geräte, damit jeder etwas zu tun hat. Davon profitieren v.a. die Kleinsten, da sie nun Zeit zum Toben haben. Schnell entdecken die Kinder den allseits beliebten Nussbaum in unserem Garten für sich und zeigen daran nicht nur ihre Kletterkünste, sondern versuchen auch mit Stöcken und ähnlichen Gegenständen die Nüsse vom Baum herunter zu holen. Das missfällt uns Volos natürlich und so müssen wir sie mit etwas Mühe davon abbringe, unseren Baum nicht mehr oder weniger komplett zu zerstören. Auch hier fällt mir einmal mehr auf, dass die Jungen wirklich kein Gefühl für gar nichts haben: Als ich im Gestrüpp eine etwa 10 bis 12 cm große Gottesanbeterin finde und sie auf die Mauer setzte, um sie zu fotografieren, stehen etwa 5 Kinder um mich herum, die sie alle in die Hand nehmen wollen. Nachdem ich dann noch ein paar Fotos mit den Kindern und der Gottesanbeterin gemacht habe, sage ich ihnen, dass sie sie jetzt freilassen sollen. Aber falsch gedacht: Einer der Jungs sagt mir doch allen Ernstes, dass er sie töten möchte. Für mich absolut unverständlich und mit viel Mühe gelingt es mir, dass er sie freilässt. Aber auch nur, um sie etwa 20 Sekunden später wieder aufzusammeln und wieder halb in seiner Hand zu zerquetschen. Es interessiert ihn leider auch herzlich wenig, als ich ihm erkläre, dass dieses Tier ein Lebewesen wie er und ich ist und dass es es verdient hat auch auf dieser Welt zu leben. Nun ja, ich nehme mich der Gottesanbeterin dann selber an und setzte sie etwas weiter entfernt ins Grass in der Hoffnung, dass sie dort keiner der Jungs finden wird. Aber diese Situation hat mir einmal mehr gezeigt, dass viele dieser Jungs von der Straße jegliches Mitgefühl für ihre Umwelt und Mitmenschen verloren haben und dass sie immer nach dem Gesetzt der Straße handeln…

Wenig später fällt mir auch auf, dass die Jungs, die zu Anfang noch fleißig und voller Energie dabei waren, mittlerweile auch die Lust verloren haben und so haben wir schon bald ein riesiges Chaos in unserem Garten anstatt einer arbeitenden Meute. Es sind mehr als 20 Jungs, die jetzt in unserem Garten fangen spielen, auf der Mauer herumklettern, Karten spielen oder einfach nur in einer Ecke sitzen und nichts machen, aber wirklich arbeiten tut hier niemand mehr. Diese Situation ist für uns Volos nun relativ blöd, weil wir riesige Haufen mit Grass und sehr viele Stöcke und angebissene Nüsse im Garten rumliegen haben, die aber niemand mehr wegräumen will. Naja, dumm gelaufen. Gegen Mittag ist es dann doch endlich geschafft und wir haben das ganze Grünzeug auf einem Haufen gestapelt, sodass Maggi diesen am Montag für uns verbrennen kann. Soviel Zeug, wie das ist, brennt der Haufen aber bestimmt mehr als einen Tag… Nachdem also alles wieder halbwegs aufgeräumt ist, laden wir alle Helfer zu Kenkey (wie man es auch immer schreiben mag) ein und wir sitzen noch gemütlich ein bisschen zusammen. Danach machen sich die Beneficiaries auf den Weg zum Center und Lukas, Jan-Niklas und ich machen uns fertig für unseren „Touri-Tag“ in Accra.

Heute wollen wir nämlich den Nachmittag nutzen, um mal ein bisschen Sightseeing in Accra zu machen. So treffen wir uns gegen 13 Uhr mit Fussini an der Trotro-Station und fahren mit einem großen Bus nach Accra. Dort angekommen macht Fussini für uns den Guide und erweist sich in jedem Fall als sehr nützlich, da wir dank ihm die Attraktionen viel schneller finden und er uns zu vielen Dingen auch Insider-Infos geben kann. So besuchen wir zunächst Christiansborg, eine Burg, die als Sitz der Regierung diente, die man aber leider nur an freien Tagen von innen besichtigen kann und bei der es nicht gestattet ist Fotos aufzunehmen. Danach gehen wir am Accra Sports Stadium vorbei und kommen kurze Zeit später zum neuen Regierungsgebäude von Ghana und zur Kongresshalle. Dort hat wohl gerade eine Beerdigung irgendeines hohen Politikers stattgefunden, da uns Menschenmassen in schwarzen Gewändern und Anzügen entgegenkommen. Deshalb ist es uns auch nicht möglich näher an das Gebäude heranzukommen und wir können nur von weitem einen Blick auf das ziemlich neu aussehende Gebäude werfen. Also entschließen wir uns am Stadion vorbei zurück zum „Independence Square“ und zum „Black Star“ zu gehen. Auf dem Independence Square findet heute anscheinend irgendeine Veranstaltung für die Schüler jeder Secondary School und für alle Studenten Ghanas statt und so wird man rund um den Platz herum von riesigen Lautsprechern mit Musik beschallt. Leider kommen wir nicht zum Strand herunter, da man dafür heute wohl eine entsprechende Genehmigung braucht. Etwas komsich, but that’s Ghana…

Nun wollen wir noch zum Kwame Nkrumah Museum und zu dem Platz an dem er am 6. März 1957 die Unabhängigkeit Ghanas deklariert hat. Auf dem Weg kommen wir noch an der „Bank of Ghana“ vorbei und haben außerdem die Gelegenheit, den "Art Market" zu sehen. Hier stellen die Menschen Waren wie Schalen, Trommeln, Gemälde etc. noch immer von Hand her und jedes Teil ist ein Unikat (Fotos dazu findet ihr hier). Es wäre wirklich ein schöner Platz zum Schmökern, wenn man nicht immer und ständig angesprochen würde: „Come on, take a look“, „what do you pay me for this one?“, „See this!“ oder „Hey, when will you be coming back and will you buy something next time?“ Diese “Gespräche” führt man wirklich an jedem Stand und das macht die Schönheit und Einzigartigkeit dieses Markets ein bisschen kaputt. Außerdem kann man auch hier mal wieder das allseits bekannte Phänomen des „Obruni-Price“ deutlich erkennen: als Jan-Niklas fragt, was eine der Trommeln denn kosten solle, antwortet der Verkäufer mit 600 Cedi. Als Lukas einen anderen Mann fragt, sind es mit Tasche schon nur noch 250 Cedi, was immer noch sehr teuer und eindeutig ein „Obruni-Price“ ist. Das wird uns dann ganz deutlich vor Augen geführt, als Fussini uns wenig später erklärt, er könne die Trommel für etwa 20 Cedi kaufen: „Obruni-Price“ lässt grüßen!! Das Schlimme daran ist aber, dass einige Menschen, die keinen Einheimischen dabei haben und sich auch sonst nicht mit der ghanaischen Kultur und Mentalität auskennen, tatsächlich den Preis von 600 Cedi bezahlen würden. Glatt der 30-fache Preis von dem was ein Einheimischer bezahlen würde!!

Nach diesen Erfahrungen auf dem Art Market gehen wir dann endlich unseren Weg weiter zum Denkmal von Kwame Nkrumah. Dort angekommen merkt man auch sofort, dass die Menschen eindeutig Geld aus den Touristen schlagen wollen. Der Eintrittspreis für einen erwachsenen Ghanaer beträgt 3 Cedi, ein nicht-Ghanaer bezahlt mal eben 10 Cedi. Einfach krass so etwas. Seit wann wird denn bitte ein Unterschied beim Eintritt zwischen Einheimischen und Ausländern gemacht?! Außerdem muss man, um Fotos machen zu dürfen, eine Genehmigung für 30 Cedi kaufen. Das wird uns dann doch etwas zu bunt und vor allem zu teuer und so entschließen wir uns, uns langsam zurück auf den Heimweg zu machen, da es schon später Nachmittag ist und wir schon sehr viel für diesen einen Nachmittag gesehen haben.

Die Rückfahrt im Bus wird dann mal wieder ziemlich eng und v.a. abenteuerlich: Abgesehen davon, dass der gesamte Mittelgang im Bus mit Einkäufen und sonstigen Kisten, Gütern und Ghanaern gefüllt ist, kann man durch den Boden auch die Straße sehen. Besonders schön wird es, als es wenige Kilometer vor Ashaiman einen Wolkenbruch gibt. Es tobt ein Sturm und Regen, dass sich die Balken biegen und noch dazu zieht ein Gewitter auf. Viele Autos halten auf dem „Seitenstreifen“ (falls man das so nennen kann) des Highways an, der mittlerweile völlig unter Wasser steht und eher einer Wasserbahn mit Schlammeinlagen ähnelt, und einige Autos können oder wollen erstmal nicht weiterfahren. Nicht so unser Bus. Der Fahrer zieht weiter sein Tempo durch, nur leider sind die Türen des Busses nicht ganz dicht und auch das Fenster zu meiner rechten Seite lässt sich nicht mehr schließen. So kommt es, dass die Frau, die neben mir am Fenster sitzt, mir nach kurzer Zeit schon fast auf dem Schoss sitzt und ich schon im Bus drinnen mehr oder weniger vom Regen geduscht bin. Wobei das wirklich noch deutlich getoppt wird, als wir in Ashaiman aus dem Bus aussteigen. Nach gefühlten 30 Sekunden bin ich nass bis auf die Haut und es gibt keinen trockenen Fleck mehr an meinem Körper. Auch die Schuhe stehen nach 2 Metern unter Wasser und spätestens jetzt macht es eh nichts mehr, ob man wartet oder durch den Regen rennt. Wir sprinten also – so gut es die Wetter- und Straßenverhältnisse zulassen – zurück zum Volohaus. Auf dem Weg ist wirklich niemand mehr auf den Straßen zu sehen. Alle Menschen haben sich in den Geschäften untergestellt oder sind in ihre Autos geflüchtet und viele fragen uns, warum wir durch den Regen gehen und ob wir uns nicht unterstellen wollten. Aber das hätte sowieso nichts gebracht, da wir schon komplett durchnässt sind und einfach schnell nach Hause wollen. Ich hole dann, nass wie ich nun mal bin, noch schnell Brot bei unseren Nachbarn und werde dort erstmal ausgelacht, weil ich aussehe wie ein begossener Pudel. Vor allem die Kleineren finden es irre witzig etwa alle 2 Sekunden „Obruni wet, Obruni wet“ zu singen und dazu zu klatschen. Ich erkläre ihnen dann erstmal, dass ich von der Trotro-Station durch den Regen gegangen bin und deshalb so aussehe, aber das interessiert sie eher weniger. Zuhause angekommen wird dann als Erstes geduscht, nachdem wir natürlich noch ein Erinnerungsfoto geschossen haben. Danach lassen wir den Abend gemütlich mit einem Film ausklingen und freuen uns, dass wir im Trockenen sitzen, da es draußen noch immer stürmt und in Strömen regnet.

Ein kleines Andenken an den heutigen Tag haben wir aber alle drei mitgebracht: Die Jungs haben beide einen (kleinen) Sonnenbrand und ich habe mir eine Erkältung eingefangen… Nichts desto trotz war es aber ein sehr schöner Tag und ich freue mich, dass ich jetzt auch mal ein paar Highlights von Accra live gesehen habe.

Sonntag, 26.10.2014

 

Habe ich schon einmal erwähnt, wie sehr ich unsere Nachbarn hier liebe? Nicht?! Das könnte daran liegen, dass ich ihnen manchmal echt gerne den Hals umdrehen würde! Da fangen diese liebenswürdigen Menschen doch ernsthaft heute morgen um 5 Uhr an sich lauthals neben meinem Fenster zu streiten und dazu noch ihren Hof zu fegen und mit einer Schaufel sämtlichen Dreck vom Boden zu kratzen. Nun ja, wahrhaftige Nachbarschaftsliebe wird es wohl sowieso nie werden, da sie auch immer entweder mitten in der Nacht oder am frühen morgen duschen und mit einem Höllenlärm den Abwasch machen oder mitten in der Nacht (etwa gegen 2 oder 3 Uhr) anfangen in einer Lautstärke für Schwerhörige Fernsehen zu gucken!

Also gut, ich werde also anstatt um 6:15 Uhr schon um 5 Uhr von unseren Nachbarn und nicht von meinem Wecker geweckt. Nach dem Frühstück machen wir drei Volos uns dann gegen 6:58 Uhr auf den Weg zur Messe und bekommen von Fussini gesagt, dass er die Jungs gerade am Center losgeschickt hat. Aber diesmal haben sie sich tatsächlich beeilt, da sie ca. eine halbe Stunde später auch in der Messe sitzen. Gott sei Dank ist diese gegen 9:15 Uhr beendet und wir gehen mit den 10 anwesenden Jungs vom Center zu uns in den Garten, um dort zum ersten Mal als Belohnung fürs „in-die-Messe-gehen“ mit ihnen FuFu zu essen. Leider ist das Essen um 10 Uhr aber noch nicht fertig und so brauchen wir eine Beschäftigungstherapie. Es wird also Fußball gespielt und herumgetobt - aber natürlich erst nachdem die Kinder ihre guten Sonntagssachen ausgezogen haben. Gegen 11:30 Uhr gibt es dann auch endlich etwas zu essen. Brav wie die Jungs – manchmal – auch sein können, spülen sie sogar nach dem Essen ihre Teller und Schüsseln für uns. Aber dann folgt das nächste Problem: Wir bekommen sie irgendwie nicht mehr los. Auch eines der Probleme mit diesen Jungs: einmal da – nicht mehr loszubekommen… Die Jungs wollen viel lieber, dass wir uns mit ihnen beschäftigen anstatt zurück zum Center zu gehen. So dauert es eine ganze Weile, bis wir endlich alle aus unserem Garten gescheucht haben und unsere wohlverdiente Ruhe am Wochenende genießen können. Den Nachmittag nutzen wir für unsere Blogeinträge und um am Adventskalenderfür die Stammspender weiterzukommen.

 

Soweit das Neueste aus dem fernen Ashaiman. Ich hoffe, Euch geht es allen gut back in Germany. Ich vermisse Euch!

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