Kein FuFu für die Boys im Center, ghanaische "Pünktlichkeit" & der ganz normale Alltagswahnsinn

 

Madwo, Ihr Lieben :)     (das bedeutet auf Twi in etwa "Guten Abend") 

   

So, nachdem ich dann jetzt Gott sei Dank wieder relativ einsatzfähig bin und es meinen Wunden soweit in Ordnung geht (es haben sich überall feste Krusten und teilweise sogar schon neue Haut gebildet), läuft es hier im Haus auch wieder rund. Die Jungs sind, glaube ich, auch ganz froh darüber, dass ich jetzt wieder Essen kochen, waschen, spülen etc. kann und sie sich nicht mehr darum prügeln müssen, wer heute womit dran ist (kleiner Spaß, sooo extrem war es dann doch nicht) ;)

 

Nun ja, wie schon gesagt, geht es mir und meinen Verletzungen mittlerweile wieder gut und ich kann wieder voll im Center und im Volohaus loslegen. Das habe ich natürlich auch dierekt getan, wie ihr selbst lesen könnt.

 

     Abschiedsfoto mit Justice
Abschiedsfoto mit Justice

 Sonntag, 12.10.2014

 

Es ist schon wieder Sonntag und das bedeutet 7 Uhr Messe. Heute wollen wir außerdem das erste Mal mit den Jungs aus dem Center nach der Messe FuFu essen gehen, als eine Art Belohnung dafür, dass sie in die Kirche gehen. Das müssen wir dann aber doch verschieben, weil sich die Jungs in der Messe einfach nicht benehmen können: zuerst kommen alle fast eine ganze Stunde zu spät zur Messe (wobei sich nachher herausstellt, dass Fussini dabei auch einen Teil der Schuld trifft, weil er die Jungs zu spät losgeschickt hat) und außerdem beschwert sich die Lehrerin der „Sunday School“ (eine Art Religionsunterricht zu dem die Kinder als Alternative zur Messe gehen können) nach dem Unterricht bei Jan-Niklas, dass die kleineren unserer Boys den Unterricht total gestört und sich absolut daneben benommen hätten. So fällt uns die Entscheidung – natürlich nach Rücksprache mit den Centermitarbeitern – nicht allzu schwer, das FuFu essen mit der Begründung des schlechten Verhaltens der Jungs noch mal zu verschieben. Diese waren natürlich not amused, aber Strafe muss eben sein. Nichts desto trotz nutzen wir Volos zum Mittagessen die Gelegenheit, nochmals die Chopbar aufzusuchen. Leider geht es mir danach absolut bescheiden: Ich habe schlimme Bauchkrämpfe und geschmeckt hat es leider auch nicht gut.

Für 14 Uhr hat sich Justice bei uns am Volohaus angekündigt, da er vermutlich schon in kurzer Zeit zum Studieren nach China geht und vorher noch mal ein bisschen Zeit mit uns verbringen will. Naja, ihr kennt die ghanaische Pünktlichkeit… Gegen 15:30 Uhr ruft Justice an und kündigt sich für 16 Uhr an und schließlich kommt er um 19:30 Uhr - also sage und schreibe 5 ½ Stunden zu spät - an!!! Das ist definitv ein Rekord und ich glaube selbst für einen Ghanaer eher untypisch. Nun ja, immerhin bringt er etwas zum Kochen mit und so können wir wenig später mit ihm zusammen essen. Danach sitzen wir noch in der Küche zusammen und quatschen, aber gegen 23 Uhr verabschieden sich Jan-Niklas und ich in Richtung Bett, nachdem Justice noch immer keine Anstalten macht, dass er bald gehen will. So bleiben Lukas und Justice noch im Wohnzimmer sitzen und unterhalten sich weiterhin, während ich schon in seligen Träumen bin.

 

v.l.: Tetteh, Jan-Niklas, Lukas, Jan, Fussini, Evans, meine Wenigkeit und Peter
v.l.: Tetteh, Jan-Niklas, Lukas, Jan, Fussini, Evans, meine Wenigkeit und Peter

Montag, 13.10.2014 (6/52)

 

Heute morgen sagt mir Lukas beim Frühstück, dass Justice über Nacht hier geblieben ist. Gegen 24 Uhr wollte er wohl immer noch nicht gehen, als Lukas meinte, er geht jetzt ins Bett und Justice hat dann einfach gesagt, dass er bei uns im Gästezimmer pennt. Strange!!!! Aber vielleicht ist das bei den Ghanaern auch einfach so normal... Wir werden wohl noch einige Zeit brauchen, um Situationen wie diese einschätzen zu können und zu lernen, wie man reagieren kann oder sollte.

Lukas und ich fahren dann gegen 8:15 Uhr los zum Center und ich unterrichte die Girls alleine bis Evans ankommt. Wir machen danach zusammen Matheaufgaben und es ist wirklich cool zu sehen, wie sich die Girls konzentrieren und versuchen mitzukommen. Allerdings ist uns heute einmal mehr klar geworden, dass wir die Klasse aufteilen müssen, da drei der Mädchen den anderen deutlich voraus sind. Das wird dann wohl ab nächster Woche so geschehen. Außerdem werden wir am Donnerstag das erste Exam mit den Girls schreiben. Darauf freue ich mich auch schon sehr, weil wir so ihren wirklichen Stand abfragen können. Auch der Stock kommt heute im Unterricht gar nicht zum Einsatz, weil die Mädchen sich gut benehmen, beides sehr löblich, wie ich finde! Nach dem Unterricht erstelle ich mit Evans noch eins der Profiles für unseren Adventkalender, den wir den deutschen Stammspendern als Weinhnachtsgeschenk zusenden wollen. Danach fahren wir noch mit dem Auto nach Tema, weil wir dort von einem ehemaligen Beneficiary, der mittlerweile als Automechaniker arbeitet, ein Profile erstellen wollen, aber er hat leider während seiner Arbeitszeit keine Zeit für uns und so kann ich nur kurz ein Foto machen und Evans wird sich in den nächsten Tagen um die Beantwortung der Fragen kümmern. Um etwa 13:30 Uhr komme ich mit Evans am Volohaus an und esse dann als Evans wieder mit Jan-Niklas zum Center gefahren ist. Nach dem Essen nutze ich die Gelegenheit schon das erste Profile am PC abzutippen bis Lukas und ich dann schließlich um 16 Uhr zu Fuß zum Center aufbrechen. Dort trifft sich nämlich der gesamte Staff um 16:30 Uhr, um zu unserem ersten "Outing", also einem Essen mit dem Staff außerhalb, zu fahren. Wir sind dann zwar -typisch ghanaischer Art - erst gegen 17 Uhr losgefahren, aber das Essen schmeckt wirklich super und im Nachhinein habe ich viel zu viel gegessen. Ich hab mich sooo vollgestopft gefühlt... Ich bestelle Reis mit Light Soup und Thalapia, und ja, ich habe tatsächlich Fisch bestellt. Aber auch nur, weil das Fleisch hier teilweise wirklich gewöhnungsbedürftig ist. Letztens hatte ich beispielsweise ein Stück Knochen mit Schwarte und das war dann das "Fleisch". Das wollte ich nun wirklich nicht noch mal erleben… Nun ja, nach dem gemütlichen Essen gibt es noch ein Getränk für alle und damit ist unser Essen nach nicht einmal einer Stunde auch schon wieder beendet. Jan nimmt uns Volos und Fussini dann im Pickup noch ein Stück mit, und lässt die Jungs auf halbem Weg raus, damit sie zu Fuß zum Center laufen können. Auch ich muss dann leider am Traffic Light (das einzige in ganz Ashaiman, welches ungefähr in der Mitte der Stadt steht) aussteigen und von da aus alleine zum Volohaus laufen, weil Jan einen anderen Weg nach Hause fährt. Ziemlich blöd mit einer Digitalkamera in der Hand und dann auch noch als Weiße alleine im Dunkeln durch Ashaiman zu laufen, aber ich habe es überlebt und bin sicher am Volohaus angekommen. Ich beschließe dann noch schnell Brot bei den Nachbarn holen zu gehen, da wir unseres am morgen aufgebraucht haben. Aber irgendwie fühle ich mich immer ein bisschen unwohl, wenn ich in den Hof gehe in dem das Brot verkauft wird, weil dort immer ganz viele Leute rumhocken und wenn ich dann mit meinem Twi einen guten Eindruck machen will, lachen viele los. Leider weiß ich nie warum und ich verstehe auch nicht was sie dann auf Twi sagen, aber man fühlt sich in der Situation dann schon etwas doof. Immerhin sind die Verkäuferinnen aber immer voll begeistert und freuen sich, dass ich wenigstens versuche mit ihnen auf Twi zu reden. Ansonsten verläuft mein Abend im sturmfreien Volohaus dann sehr entspannt, da ich nur noch die Profiles fertig mache und danach einen sehr gemütlichen Abend verbringe.

Dienstag, 14.10.2014

 

Im Center sind heute morgen wieder die Classes für die Girls und das Spielen mit den Jungs angesagt. Also fahren Lukas und ich um 8:15 Uhr mit den Rädern zum Center und ich helfe beim Unterrichten der Girls, während Lukas mit den neuen Boys spielt. Außerdem schaffen wir es heute endlich, dass Samuel, ein sehr künstlerisch begabter New Boy, das erste Bild für den Adventkalender für die deutschen Stammspender malt. Und das hat er wirklich super hingekriegt. Ich würde mir wünschen, dass ich so malen könnte! Nach dem Unterricht bleibe ich noch das Mittagessen über im Center und ich erlebe einmal wieder, wie hart hier um jede Art von Essen gekämpft wird. Beim Essen bekommt nämlich jeder eine gleich große Portion, wobei die Kleineren nicht immer alles aufessen können und so kommt es fast zu Prügeleien zwischen den Älteren, wer von ihnen den Rest der Kleinen essen darf. Ganz schön krass, wenn man erleben muss, wie die Kinder so über Essen streiten. Nun ja, Fussini und ich müssen dann erstmal für Ordnung sorgen und sogar einen der Älteren dem Tisch verweisen, weil sein Verhalten einfach unmöglich ist. Nach dem Essen mache ich mich dann auf zum Volohaus, um selber zu Mittag zu essen, und zu meiner Überraschung gibt es das gleiche Gericht wie im Center auch bei uns Zuhause: RedRed, also Kochbananen mit Bohnensoße (wobei ich mir sicher bin, dass unseres deutlich besser schmeckt ;)).

Erst gegen Abend mache ich mich wieder auf zum Center, wo ich zum einen die Preps unterstützen soll, aber zum anderen auch eine Aufgabe erfüllen soll, die Evans mit heute Mittag gegeben hat. Ich soll mir nämlich schon mal Übungen für das „Exam“, welches am Donnerstag für die Girls ansteht, überlegen und diese dann am PC tippen und drucken, falls der Strom nicht wieder mal ausfällt. Aber in Ghana läuft ja selten etwas wie geplant, und so kann ich mir schon als ich in die Straße zum Center einbiege denken, dass wohl der Strom ausgefallen ist, da es stockfinster ist. Ein weiterer Nebeneffekt davon ist, dass man die "Schwarzen" auf der Straße im Dunkeln noch schlechter sieht und ich deshalb öfters mal recht spät ausweichen muss und nur knapp einigen Unfällen entgehe. Im Center angekommen spielen Jan-Niklas und ich etwa eine halbe Stunde mit den kleineren Jungs, bis Peter uns nach Hause entlässt, weil es beim Stromausfall keine Preps gibt und er meint, wir sollten nicht weiter unsere Zeit im Center verschwenden.

Am Volohaus angekommen müssen wir feststellen, dass auch in Middle East mal wieder der Strom ausgefallen ist und leider kommt er auch nicht zurück bis wir schließlich aufgeben und gegen 22:30 Uhr in unsere Betten krabbeln.

Der ganz normale Wahnsinn im Center

 Mittwoch, 15.10.2014

 

Heute ist die letzte Übungsmöglichkeit für die Girls, da morgen ihr erstes Exam ansteht. Allerdings nutzen sie diese nicht wirklich gut. Das Unterrichten ist heute wirklich anstrengend, da die Girls absolut unkonzentriert sind und einige zu spät kommen. Aber nicht nur das macht es anstrengend, sondern ein weiteres Problem ist, dass teilweise Girls nicht jeden Tag kommen und sie so den anderen um den Stoff von einem ganzen Tag hinterher hängen. Das macht sich den Tag über bei allen Übungen bemerkbar und hält letztendlich alle auf. Nun ja, ich kann verstehen, dass Evans da schon einmal der Geduldsfaden reißt, wobei ich das Mittel des Schlagens trotzdem nicht gutheiße. Man sollte meiner Meinung nach eher die Guten belohnen anstatt die Schlechten zu bestrafen. Aber das ist eben auch Afrika und das Bestrafen mit dem Stock ist hier einfach völlig normal. Nach dem heutigen Tag bin ich noch mal mehr auf das morgige Exam gespannt, da ich die Girls jetzt seit etwa 2 Wochen kenne und sie langsam auch einschätzen kann.

Außerdem steht heute um 17 Uhr noch ein Team-Meeting an. Wie Evans mir heute morgen erklärt hat, geht es wohl um das „Understaffing“, also das Fehlen von qualifizierten Arbeitern, im Centre. Nun ja, nachdem Jan Lukas und mich netterweise mit dem Auto am Volohaus abgeholt hat, geht es nach einer kleinen Stärkung zum Meeting im Center. Hier erwartet uns aber – entgegen meiner Erwartung – kein Meeting über das „Understaffing“, sondern es geht um eine neue "Policy" für den gesamten Staff im Center. Das Meeting dient dazu diese Policy mit allen durchzusprechen und Unklarheiten zu beseitigen. Statt einem „kurzen“ (Zitat Evans) Meeting verbringen wir aber mal wieder ganze 2 ½ Stunden im Office, obwohl man das Ganze sicherlich innerhalb von höchstens einer halben Stunde über die Bühne hätte bringen können. Naja, Ghanaer setzen sich nun mal gerne in Szene und hören sich selbst reden und so dehnen sich die Meetings hier ja öfters schon mal aus… 

Um etwa 20 Uhr ieder im Volohaus angekommen, werden wir uns gleich absolut typisch deutsch den Tatort vom letzten Sonntag angucken, das muss ja schließlich auch mal sein ;)

 

In diesem Sinne "da yie", was soviel wie "gute Nacht, schlaf gut" bedeutet.

 

Donnerstag, 16.10.2014

 

Heute steht für die Girls ihr erstes Exam an. Das bedeutet für mich erst um 9 Uhr im Center sein uns somit kann ich zumindest ein bisschen länger schlafen. Im Center angekommen fange ich mit Fussini mit dem Mathe-Exam an. Nach dem Austeilen legen die Girls eifrig mit ihrer Arbeit los, aber schnell wird mir klar, dass Einige noch nicht einmal die Aufgabenstellung verstehen oder lesen können. Das ist natürlich ziemlich ungünstig und so müssen Fussini und ich uns zunächst diesem Problem widmen. Nach 40 min. ist das erste Mädchen fertig, dem letzen Mädchen müssen wir ihre Arbeit nach 1 ½ Stunden abnehmen und sie ist noch immer nicht fertig. Auch beim Korrigieren zeigt sich mir das erwartete Bild: die 3 sehr guten Mädchen haben die meisten Aufgaben richtig gelöst, alle anderen haben bei manchen Aufgaben nicht einmal die Aufgabenstellung beachtet, sondern einfach irgendwelche Zahlen aufgeschrieben. Das ist natürlich trotz der Erwartung recht ernüchternd für mich und bestärkt Evans und mich außerdem nochmals in der Entscheidung, die Klasse ab nächster Woche aufzuteilen. Leider werde ich davon aber erst mal nichts mitkriegen, weil ich in der nächsten Woche immer nachmittags von 14 Uhr bis 20:45 Uhr im Center sein werde und nicht die „Classes“ mitbetreue. Als ich das den Girls heute gesagt habe, waren sie richtig traurig, dass ich dann nicht morgens zu ihnen ins Center komme, total süß. Und sie haben mich sofort gefragt, ob ich am Wochenende zum Spielen ins Center komme. Auch daran sieht man, dass die Mädchen oder generell Kinder im Center (zumindest die jüngeren) sehr schnell eine enge und freundschaftliche Beziehung zu einem aufbauen und dass sie sich sehr schnell an neue Gesichter gewöhnen. Umso schwerer wird dann natürlich der Abschied nach einem Jahr… aber daran will ich jetzt noch gar nicht denken!

Nach dem Mathe-Exam steht dann das Englisch-Exam an und auch bei diesem zeigt sich das gleiche Bild wie in Mathe: Manche verstehen nicht einmal die Aufgabenstellung, andere sind schon nach kurzer Zeit komplett fertig und haben fast alle Aufgaben richtig gelöst… Nun ja, wir werden sehen wie es weitergeht, aber irgendein Weg wird sich finden.

Bevor Lukas und ich zurück zum Volohaus fahren, haben wir noch ein kurzes Meeting mit Jan in dem es um unsere Visa und Workpermit geht, da sich dort anscheinend Komplikationen anbahnen. Jetzt müssen wir jedenfalls erst einmal so schnell wie möglich alle Unterlagen für die Verlängerung unserer Visa zusammenkriegen und dann sehen wir weiter. Außerdem wartet noch eine feucht fröhliche Überraschung auf mich (naja, für mich eher weniger fröhlich), da mich eines der Mädchen aus Versehen mit einem Becher voller klebrigem buntem Wasser duscht. Die anderen Kinder sind darauf hin total geschockt und fangen an das Mädchen zu schubsen, sodass ich - anstatt selbst das Mädchen auf ihr Fehlverhalten aufmerksam zu machen – eher die anderen Kinder von ihr fernhalten und sie beschützen muss. Nun ja, da wir sowieso fast auf dem Weg zum Volohaus sind, ist es eher weniger dramatisch, denn Kleidung kann man ja bekanntlich waschen ;)

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