Krankenhaus in Tema, Accra-Tag, "General Meeting" und ein "Parent-Talk" im Center

Mittwoch, 17.09.2014

 

Es geht nach Accra. Das ist heute beim Aufwachen mein erster Gedanke, da ich mich schon sehr auf diesen Trip freue. Bei unser Ankunft haben wir ja nahezu nichts mehr von Accra gesehen, weil es schon so spät war und somit werde ich heute zum ersten Mal die Hauptstadt Ghanas sehen. Jan will uns etwa gegen 8:30 Uhr abholen und so stehen wir natürlich auch brav um 8:30 Uhr fix und fertig im Garten, da wir davon ausgehen, dass Jan wohl auch zumindest noch ein bisschen was von der deutschen Pünktlichkeit im Blut hat. Aber weit gefehlt: Etwa gegen 9:20 Uhr biegt sein weißer Wagen endlich in unsere Straße ein, that’s Ghana. Schnell fahren wir dann aber los, um ins „General Hospital“ nach Tema zu fahren, da wir dort einem der Ärzte vorgestellt werden sollen, falls mal etwas sein sollte, ist es – vor allem in Ghana und als Weißer – immer gut, wenn man Connections hat. Am Krankenhaus angekommen, welches man sich nicht einmal ansatzweise wie ein deutsches Krankenhaus vorstellen sollte, geht es zunächst in ein kleines Gebäude, in dem eine Art Registrierung stattfindet und man sich mitten in den Raum zum Warten setzt. Das Krankenhaus besteht nämlich aus vielen sehr kleinen Häusern, die alle eine andere Aufgabe haben. Nachdem wir eine kurze Einführung bzgl. Registrierung und Anmeldung bekommen haben, dürfen wir in einem der Behandlungszimmer einen der Ärzte kennenlernen. Dabei ist es – realistisch betrachtet – absolut unfair, dass wir einfach so quasi die Zeit des Arztes stehlen, während vor dem Raum unzählige Menschen auf ihre Behandlung warten. Dem Arzt scheint dies jedoch nichts auszumachen und er nimmt sich sehr viel Zeit für uns und unsere Fragen. Nach diesem Kennenlernen führt uns Justice, ein ehemaliger Beneficiary aus dem Center, der mittlerweile eine Ausbildung in Medizin gemacht hat, im Gelände herum und zeigt uns verschiedene Gebäude. Er selbst ist dafür zuständig Malaria-Tests durchzuführen – ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass, wenn wirklich mal etwas sein sollte, wir dank ihm innerhalb von etwa 45 min. Bescheid wissen, ob es wirklich Malaria ist oder doch etwas anderes.

Nach dem Besuch im Krankenhaus geht es auf direktem Wege nach Accra. Dort werden wir zunächst von Jan zum Mittagessen eingeladen, an dieser Stelle noch mal ein Dankeschön an Jan! Danach fahren wir etwa fünf Minuten zu einer Behörde, welche unsere ID-Karten ausstellt. Zunächst müssen wir 2 Formulare ausfüllen, danach werden Fingerabdrücke genommen und ein Foto gemacht. Ich habe zum Glück einen wirklich netten Officer erwischt, der aber dennoch ein wenig verpeilt ist. Auf meinem Formular habe ich als Geburtsdatum den 18.04.1996 eingetragen, aus dem dann zunächst der 07.01.1996 gemacht wird. Als er mir das Dokument zum Checken gibt, fällt mir das natürlich sofort auf und ich sage ihm, dass ich am 18. April geboren bin. Kurze Zeit später gibt er mir einen neuen Ausdruck, auf dem dann der 08. April als Geburtsdatum steht. Ich muss lachen und sage ihm in aller Deutlichkeit, dass ich am A-C-H-T-Z-E-H-N-T-E-N April geboren bin und zeige ihm zur Sicherheit nochmals meinen Reisepass. Zum Glück nimmt er das ganze mit Humor und lacht sich selbst aus bevor er mir erklärt, dass er schon den ganzen Tag dort sitzt und mittlerweile ein wenig müde ist. Aber siehe da, im dritten Versuch klappt es dann auch und jetzt steht zum Glück das richtige Datum auf meiner ID-Karte. Schnell sind auch die anderen IDs gemacht und Jan bringt uns zurück zur Mall. Hier checken wir erstmal die angeblich so „westlichen“ Supermärkte ab und tatsächlich, man findet doch einiges sehr Europäisches wieder, so z.B. Ritter Sport Schokolade oder Heinz Ketchup. Nach einiger Zeit verlassen wir die Mall wieder und machen uns auf den Weg zur TroTro-Station, da wir den Rückweg mit dem TroTro bestreiten wollen. Zunächst werde ich vor dem Eingang – typisch ghanaisch – angesprochen „Hey Baby, you need a Taxi?“, was ich natürlich dankend ablehne, but that’s Ghana.

Auf dem Rückweg fällt mir mal wieder auf wie unterschiedlich hier doch alles ist. Vor den Mautstellen für die Highways stehen hier immer Menschentrauben, die versuchen, den Fahrern irgendwelche Dinge wie Süßspeisen, Obst oder „Pure Water“ anzubieten. Außerdem halten TroTros so ziemlich überall, auch mal am Straßenrand des Highways, um Leute rauszulassen. In Deutschland liefen den ganzen Tag über im Radio besorgte Meldungen wie „Achtung, Personen befinden sich auf der Fahrbahn“ o.Ä., aber hier stört das niemanden, that’s Ghana. Glücklicherweise schaffen wir es sicher wieder nach Ashaiman und man bemerkt sofort den Unterschied zwischen der Metropole Accra und dem Slum Ashaiman. Wir tauchen wieder in diese ganz andere Welt ein, fernab von Luxusgütern und Skyscrapern, but that’s Ghana for us ;)

Freitag, 19.09.2014

 

Jetzt sind wir schon seit 18 Tagen hier, die Zeit rennt wirklich.

Heute dürfen wir das erste Mal am wöchentlich stattfindenden „General Meeting“ teilnehmen. Darin wird jeden Freitag die Woche besprochen, also was passiert ist, welche Kinder sich die Woche wie verhalten haben, ob es Probleme gab, welche Ausgaben gemacht werden mussten etc. Ab nächster Woche sollen wir drei Volos in diesen Treffen immer abwechselnd die „Minutes“, also das Protokoll, schreiben. Jedoch wird das, so wie ich glaube, für uns eine ziemliche Herausforderung, da wir die Beneficiaries bis jetzt noch nicht so gut kennen, teilweise englische Wörter unbekannt sind und die Ghanaer manchmal wirklich sehr undeutlich und unverständlich sprechen. Aber da werden wir natürlich im Laufe des Jahres reinfinden und dann klappt das schon alles.

Während des Meetings klingelt auf einmal mein Handy und im Display wird mir „Auntie Maggi“ angezeigt. Verwundert gehe ich dran und merke dann, dass Mr. Andy am anderen Ende der Leitung ist. Eigentlich wollte Evans sich darum kümmern, dass wir heute keine Twi-Lesson haben, weil wir ja am General Meeting teilnehmen, aber anscheinend hatte es da wohl Komplikationen gegeben und so teilt Mr. Andy mir mit, dass er gerade bei uns im Garten steht und sich fragt wo wir sind. Ich erkläre ihm, nachdem ich mich etwa 6437 Mal entschuldigt habe, dass Evans das eigentlich abklären wollte und wir deshalb jetzt im Center sind und am Meeting teilnehmen. Blöd gelaufen, aber Mr. Andy meint, es wäre nicht so dramatisch und er würde das dann mit Evans abklären.

Nach dem General Meeting, welches in etwa 2:30 Stunden dauert, nimmt mich Evans, nachdem er sich bei mir 327587 Mal entschuldigt hat, weil er Mr. Andy nicht Bescheid gesagt hat und ich das jetzt „abgekriegt“ habe, zu einem „Parent Talk“ mit. Ein ehemaliger Beneficiary, welche schon vor 2 Jahren aus dem Projekt aussteigen musste, weil sie die erforderten Leistungen nicht erbracht hat, kommt mit ihrer Mutter zusammen ins Center. Das Mädchen ist in ihrem letzten Jahr auf der Senior High School, jedoch hat die Mutter Probleme die Schulgebühren und die Registrierung für die Prüfung am Ende des Jahres zu bezahlen. Daher hat sie sich entschlossen das FCP zu fragen, ob sie ihre Tochter im letzten Jahr unterstützen könnten. Insgesamt handelt es sich hier um eine Summe von etwa 700 Cedi, die übernommen werden müssten. Evans erklärt ihr, dass er zwar die Situation versteht, dass er aber nichts zu entscheiden hat, sondern, dass er mit dem Management sprechen muss. Eine Entscheidung wird wohl erst nächste Woche fallen.

In der Zeit in der ich mit Evans beim „Parent Talk“ bin, gehen die zwei Jungs in der Stadt unseren „Water Bill“ bezahlen. Danach sollen sie wieder zum FCP kommen, da wir noch mit Evans über das „School System“ und „Education in Ghana“ im Allgemeinen reden wollen. Als der „Parent Talk“ vorbei ist und die Jungs noch immer unterwegs sind, haben Evans und ich Zeit uns ganz in Ruhe über Gott und die Welt zu unterhalten. Zunächst erzählt er mir Einiges über meine Rolle als weiße Frau in Ashaiman und warum sich viele Ghanaer so benehmen, wie sie es tun. Das hinge schlicht und ergreifend mit den Erwartungen und auch ihrer Erziehung zusammen. Weiße werden generell mit Reichtum, Macht und Wissen assoziiert und so versuchen viele Ghanaer ihre Chance zu ergreifen, wenn sie eine weiße Frau sehen. Ihr Ziel ist es dabei ganz einfach Profit daraus zu schlagen. Am liebsten wäre es ihnen, wenn sie durch ihre Beziehung dann nach Deutschland kämen. Weiterhin macht er mir klar, dass ich vor allem abends niemals alleine raus gehen sollte und auch wenn ich demnächst im FCP arbeite und es mal später wird, niemals alleine nach Hause gehen soll. Das war mir aber schon länger bewusst, besonders nachdem ich letztens nachmittags alleine unterwegs war und von jedem angemacht, angesprochen und angetatscht wurde. Danach sprechen wir noch über die Ausbeutung der armen Länder und Evans sagt mir, dass er glaubt, dass Afrika niemals wirklich frei sein wird. Nach einiger Zeit und vielen Themen mehr fragen wir uns wo wohl die Jungs bleiben, da sie schon eine gefühlte Ewigkeit unterwegs sind. Als ich Lukas anrufe erklärt er mir, dass sie sich nicht mehr sicher gewesen seien wo sie hingehen sollten und deshalb jetzt schon im Volohaus sind. Also machen auch Evans und ich uns kurze Zeit später auf, um zum Volohaus zu fahren. Dort angekommen essen wir zunächst Mittag, um dann nach einer kleinen Mittagspause über die Schule und Bildung in Ghana und das Bildungssystem im Center zu sprechen. Dabei wird uns klar, dass hier ein etwas anderes System herrscht als in Deutschland. Beispielsweise finde ich persönlich am schlimmsten, dass hier Schulgebühren verlangt werden. Bildung sollte gerade in so einem armen Land wie Ghana für jeden zugänglich sein und nicht von Geld oder vom Bildungsgrad der Eltern abhängig sein. Andererseits gibt es aber auch gute Aspekte im Bildungssystem: So wird es Schülern, die zu alt sind um eine bestimmte Klasse zu besuchen, eine praktische Ausbildung im „informal way“ zu machen. Der „formal way“ geht hier von Pre-School über Primary School über Junior High und Senior High und dann Uni oder College oder Ähnliches. Im „informal way“ können all diejenigen, die praktisch begabt oder einfach zu schlecht oder zu alt für die Schule sind, ohne jeglichen Abschluss eine praktische Ausbildung machen; dieses System finde ich klasse.

Nach dem Gespräch entschließen wir uns noch ein bisschen im Garten zu kicken. Schon nach kurzer Zeit guckt unser Nachbarsjunge Sellassie über den Zaun und fragt, ob er mitspielen darf. Daher heißt es jetzt Lukas und Sellassie gegen Jan-Niklas und mich. Das erste Spiel können Jan-Niklas und ich recht locker für uns entscheiden, beim zweiten wird es ziemlich knapp, aber letztendlich gewinnen wir natürlich doch. Um Punkt 18:15 Uhr geht aber natürlich die Sonne unter und so ist unser Kickduell für heute beendet, but that’s Ghana for us ;)

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